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CRRC Weltmarktführer für Schienenfahrzeuge
Auf der InnoTrans 2024 präsentierte sich CRRC mit einem Umsatz von 28,8 Mrd. EUR als absoluter Weltmarktführer für Schienenfahrzeuge.
Wie schaffte es die CRRC in so kurzer Zeit zum Weltmarktführer für Schienenfahrzeuge zu werden?
Kurz zur Geschichte: China gründete erst in den 1980ern zwei große staatliche Unternehmen, die sich auf die Eisenbahnindustrie konzentrierten, eines auf die Herstellung von Lokomotiven und eines auf die Produktion von Eisenbahnwaggons. Im Zuge der weiteren Reformen in den 2000er Jahren restrukturiertem die Chinesen ihre Eisenbahnindustrie. Die zuvor produktbezogenen Gesellschaften wurden in zwei Konzerne mit geografischer Orientierung organisiert, ein Unternehmen mit Verantwortung für den südlichen Teil und eine Gesellschaft übernahm die Kontrolle über die Werke im nördlichen Teil Chinas. Um die globale Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und die Überkapazitäten zu reduzieren, fusionierten die Gesellschaften im Jahr 2015 zur China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC). Diese Fusion wurde von der chinesischen Regierung initiiert und zielte darauf ab, ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Schienenfahrzeugtechnik zu schaffen, Mission erfüllt.
Auf der diesjährigen InnoTrans 2024 habe ich u.a. den Stand der CRRC besucht, denn 2024 ist ein durchaus historisches Datum. Vor 20 Jahren war ich als Senior Vice President Group Development and Mergers & Acquisitions der Siemens Mobility (vormals Siemens Transportation Systems) u.a. beteiligt an dem seinerzeitigen Technologietransfer im Auftrag des amtierenden Bereichs- und Konzern-Vorstands. Denn Siemens begann -wie andere Konzerne auch- in den frühen 2000er Jahren als „Markteintrittskarte“ zu einem Wachstumsmarkt, Technologien für schienengebundene Hochgeschwindigkeit an China zu verkaufen, wobei der bedeutendste Vertrag im Jahr 2004, also genau vor 20 Jahren unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag betraf den Bau der Zhengzhou-Xi’an-Hochgeschwindigkeitsstrecke, die Teil des umfassenden chinesischen Plans zur Entwicklung eines hochgeschwindigkeitstauglichen Bahnnetzes war.
Das beeindruckende strategische und äußerst konsequente Verhalten chinesischer Schienenfahrzeughersteller in den vergangenen 20 Jahren möchte ich als langjähriger Stratege im Sektor Mobility wie folgt kurz skizzieren:
- Kluge Markteintrittsstrategie: Chinesische Hersteller haben sich im wirtschaftswissenschaftlichen Sinne „aggressiv" auf internationalen Märkten positioniert, häufig zu Beginn durch Joint Ventures oder hart verhandelte Partnerschaften mit etablierten Unternehmen (wie z.B. Siemens, Alstom etc.). Diese Strategie ermöglichte ihnen einen vergleichsweise aufwandsarmen Zugang zu Technologien und auf das Know-how, während ihre Risiken überschaubar gehalten wurden.
- Fokus auf technologischen Fortschritt und Innovation: China hat selber sofort folgend in Forschung und Entwicklung investiert, um beispielsweise eigene Hochgeschwindigkeitszüge und moderne Bahntechnologien zu entwickeln. Diese Innovationsstrategie hat es ihnen schrittweise ermöglicht, im Wettbewerb mithalten zu können und sukzessive Marktanteile zu gewinnen.
- Nutzung von Skaleneffekten: Durch den rasanten Ausbau der eigenen Infrastruktur und die damit verbundene Massenproduktion konnten chinesische Hersteller erhebliche Kostensenkungen erzielen. Dies führte zu einem Wettbewerbsvorteil, insbesondere bei Preisanfragen im internationalen Geschäft. Der chinesische Hersteller hat beispielsweise in USA, Kanada und auch Europa bereits Aufträge für Metrozüge mit Preisvorstellungen bis zu 30 Prozent unterhalb der Wettbewerber erhalten. Sobald die EU-Kommission auf Grundlage neuer Vorschriften zur Bekämpfung ausländischer Staatsbeihilfen umfangreichen Einblicke in die Firmenfinanzen nehmen möchte, zieht sich die CRRC bislang freiwillig zurück.
- Gezielte staatliche Unterstützung: Die chinesische Regierung hat von Beginn an aktiv in den Ausbau des Schienenverkehrs und in die Unterstützung heimischer Hersteller investiert. Diese stetige politische und finanzielle Unterstützung kann als eine Form des protektionistischen Verhaltens angesehen werden, welches darauf abzielt, die heimische Industrie zu fördern und internationale Wettbewerber mit und mit zu verdrängen.
- Sukzessive Globalisierung und Expansion: Chinesische Hersteller haben sich strategisch parallel zum Aufbau im eigenen Land auf globale Märkte ausgerichtet, zunächst insbesondere in Entwicklungsländern, die in den Schienenverkehr investieren. Durch knallharte Preisstrategien untersetzt durch stetige Produktivitätsprogramme und lokale Produktionsstätten konnten sie sich erfolgreich positionieren. Bisher konnte CRRC in Europa zwar nur bescheidene Erfolge verbuchen. Noch befinden sich deren Fahrzeuge im Zulassungsverfahren bei der Eisenbahnagentur der Europäischen Union (ERA); der aufwendige und sehr bürokratische Prozess wird jedoch voraussichtlich 2024 abgeschlossen sein. Dann können die Züge in Österreich, Deutschland, Ungarn und in der Slowakei verkehren. Es gilt zu vermuten, dass die Chinesen bewusst kleine Aufträge unterhalb der Schwellwerte suchen, um nicht die Aufmerksamkeit der Politik der Zielländer auf sich zu ziehen. 2020 haben die Chinesen dann im Rahmen ihrer Expansion in Europa den Kieler-Hersteller Vossloh Locomotives übernommen, einen seinerzeit kleinen Anbieter von Diesellokomotiven.
- Kundenzentrierte Ansätze: Die Anpassung an spezifische Marktbedürfnisse, wie z.B. lokale Anforderungen oder Umweltschutzstandards und die schnelle Adaption ökologischer Trends, hat es chinesischen Herstellern ermöglicht, sich rasch an internationale Märkte anzupassen und die Akzeptanz der Kunden auf deren heimischen Märkten zügig zu erlangen. Unter dem Messe-Motto „On Track for A Low Carbon Future“ präsentierte die CRRC ihr Angebot an Personen- und Gütertransportmitteln sowie Systemlösungen für den gesamten Lebenszyklus. CRRC zeigte umweltfreundliche und intelligente Lösungen für den Personentransport, zu denen der Intelligent EMU, der Intercity/ Regional EMU, der Intelligent Urban Rail Transit und der New Energy Passenger Transportation gehören. Diese Angebote decken jede Geschwindigkeitsstufe und jedes Anwendungsszenario ab und stellen eine Zukunft des Personenverkehrs vor, die schneller, umweltfreundlicher, intelligenter und kostengünstiger ist.
- Diversifikation: Chinesische Unternehmen diversifizieren ihr Portfolio immer mehr, indem sie nicht nur Schienenfahrzeuge, sondern auch die dazugehörige Infrastruktur, Signaltechnik und Wartungsdienstleistungen anbieten etc., um zusätzliche Einnahmequellen und weiteres Systemverständnis zu erschließen.
Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass das strategische Verhalten chinesischer Schienenfahrzeughersteller durch eine Kombination aus aggressiver Marktexpansion, technologischer Innovation, staatlicher Unterstützung und einer flexiblen Anpassung an internationale Märkte geprägt ist. Diese Faktoren haben nachvollziehbar dazu beigetragen, dass CRRC zu einem der führenden Akteure im globalen Schienenfahrzeugmarkt geworden ist, still und leise, wie die chinesisch anmutende Hintergrundmusik auf dem diesjährigen Stand der CRRC.
Das Interessante ist, dass im Sektor Mobility die Branchen Automotive und Rail wieder einmal voreinander lernen könnten, die Frage ist nur, wer von wem?
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Ansprechpartnerin
Dr. Nina Ruppert
Senior Consultant, PR-Managerin