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Infrastruktur im Sektor Mobility – kostspielig und reaktionsträge
Infrastruktur ist das Rückgrat der Gesellschaft und spielt eine bedeutende Rolle für Lebensqualität und ökonomische Leistungsfähigkeit.
Doch Infrastruktur hat so ihre Eigenheiten, sie ist kostspielig und reaktionsträge. Vernachlässigung duldet sie eine Weile, Zuwendung erfordert bis zur Spürbarkeit einen langen Atem und Finanzstärke.
Infrastruktur im Sektor Mobility umfasst die Grundausstattung unseres Wirtschaftsraumes, dazu zählen u.a. Straßen, Schienen, Brücken, Tunnel, Flughäfen, Häfen, Wasserstraßen und digitale Netzwerke. Ein Blick auf das durchschnittliche Alter der Einrichtungen sowie ihrer Investitionshistorien verdeutlicht die Notwendigkeit einer integrierten Betrachtung der Instandhaltungs- und Investitionsstrategien der einzelnen Segmente, der Segmente untereinander und einem klugen Umgang mit dem Altersmix der installierten Anlagen sowie der Notwendigkeit einer individuellen Betrachtung jeder einzelnen Anlage.
Unsere Unternehmensgruppe ist seit über 30 Jahren im Consulting und Engineering auf dem Gebiet der Infrastruktur tätig, wir sind an unterschiedlichsten Anlagen wöchentlich vor Ort, hier ein kleiner Einblick:
- STRASSEN in Deutschland sind im Durchschnitt über 40 Jahre alt. Rund 60% der Bundesstraßen wurden in den 1960er und 1970er Jahren erbaut und sind mittlerweile überwiegend sanierungsbedürftig. Laut dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) sind 27% der Bundesstraßen in ungenügendem Zustand. Derzeit quälen wir uns durch rund 2.500 Baustellen auf deutschen Straßen, mehr wäre unerträglich. Im Jahr 2024 sind für das deutsche Straßennetz Investitionen in Höhe von etwa 8,5 Milliarden Euro vorgesehen. Diese Mittel fließen sowohl in die Instandhaltung als auch in den Neubau von Bundesautobahnen und Bundesstraßen. In den Vorjahren lagen die Investitionen in ähnlichen Größenordnungen.
- SCHIENENNETZ stammt größtenteils aus der Nachkriegszeit, und ein Drittel des Schienennetzes benötigt umfangreiche Renovierungen oder Modernisierungen. Im Jahr 2024 wird die Deutsche Bahn über 16 Milliarden Euro in die Instandhaltung und den Ausbau des Schienennetzes sowie der Bahnhöfe investieren. Dies ist Teil eines umfassenden Infrastrukturprogramms, das darauf abzielt, Gleise, Weichen, Brücken und Bahnhöfe zu modernisieren und zu erneuern. Zusätzlich dazu plant der Bund bis 2027 rund 40 Milliarden Euro für die sogenannte Generalsanierung von Schienenstrecken zur Verfügung zu stellen.
- BRÜCKEN sind ein weiteres wichtiges Segment der Infrastruktur, welches seit dem Einsturz der Brücke in Dresden Aufmerksamkeit genießt. Rund 40% der Brücken in Deutschland sind über 40 Jahre alt, etwa 55 % der Brücken wurden vor 1985 gebaut. In Deutschland wird der Zustand von Brücken anhand von vier Zustandsnoten bewertet. Der aktuelle Stand zeigt eine Verteilung, die zum Nachdenken anregt. Ca. 9,2% der Brücken wurden mit sehr gut, rund 17,9% mit gut, der größte Anteil, etwa 48,6% ist zwar noch nutzbar, aber sanierungsbedürftig. 20,6% der Brücken sind in ungenügendem Zustand und benötigen dringende Maßnahmen zur Instandhaltung oder Erneuerung. Insgesamt gibt es in Deutschland rund 39.500 Brücken im Bundesfernstraßennetz, was bedeutet, dass die Instandhaltungsmaßnahmen dringend notwendig sind, um die Sicherheit und Funktionsfähigkeit der Infrastruktur zu gewährleisten. Die jährlichen Kosten für die Instandhaltung und Erneuerung von Brücken in Deutschland belaufen sich auf rund 750 Millionen Euro, wobei ein erheblicher Teil der Investitionen in das Autobahn- und Bundesfernstraßennetz fließt. Diese Investitionen sind aufgrund der zunehmenden Belastung durch den Schwerlastverkehr und das hohe Alter vieler Brücken notwendig, Bis 2025 sollen die Instandhaltungsbudgets insgesamt auf rund 5 Milliarden Euro für die gesamte Bundesverkehrsinfrastruktur anwachsen, wobei 2,1 Milliarden Euro jährlich speziell für Brücken veranschlagt sind. Dazu kommen etwa 25.700 Eisenbahnbrücken, die von der Deutschen Bahn unterhalten werden. Für diese Bauwerke ergibt sich ein vergleichbares Bild, wobei sich das Nutzungsprofil nicht ganz so dynamisch verändert hat.
- TUNNEL, sowohl im Straßen- als auch im Schienenverkehr, sind in einer Fläche mit großen Hohenunterschieden nicht wegzudenken. Aktuell existieren über 270 Straßentunnel. Die jährlichen Ausgaben des Bundes im Rahmen der Instandhaltung und des Neubaus betragen mehrere hundert Millionen Euro. Tunnelprojekte werden in langfristigen Investitionsplänen berücksichtigt, wie dem Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030, der insgesamt Investitionen von 270 Milliarden Euro bis 2030 vorsieht, wobei ein Teil in die Erhaltung und Modernisierung bestehender Infrastruktur fließt. Für Verkehrsinvestitionen in Bundesfernstraßen, die Tunnelprojekte umfassen, stehen jährlich etwa 7 bis 8 Milliarden Euro zur Verfügung. Im Bereich der Eisenbahninfrastruktur gibt es über 1.100 Eisenbahntunnel. Diese Tunnel haben eine durchschnittliche Lebensdauer von über 100 Jahren. Die jährlichen Ausgaben des Bundes und der Deutschen Bahn für die Instandhaltung und den Ausbau von Eisenbahntunneln sind in den gesamten Infrastrukturinvestitionen für das Schienennetz enthalten. Der aktuelle Rahmen, die sogenannte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, legt diese Mittel für den Zeitraum 2020–2029 auf etwa 8,6 Milliarden Euro pro Jahr fest. Dieser Betrag umfasst die Erhaltung und Verbesserung des Schienennetzes, zu dem auch Tunnelbauprojekte zählen. Tunnelbauprojekte wie Stuttgart 21, die Neubau- und Ausbaustrecke Wendlingen–Ulm entlang der Hauptverkehrsrouten machen einen erheblichen Anteil dieser Investitionen aus, insbesondere bei Projekten, die den Fernverkehr fördern und Kapazitäten erweitern sollen.
- VERKEHRSFLUGHÄFEN werden In Deutschland 22 mit internationaler Nutzung betrieben, die den Großteil des Passagierverkehrs abwickeln. Hinzu kommen zahlreiche kleinere Regional- und Sonderflughäfen sowie Militärflugplätze. Die Finanzierung der Flughäfen erfolgt in erster Linie durch öffentliche und private Investitionen. Für größere internationale Flughäfen tragen oft Bund, Länder und auch Kommunen die Kosten für Infrastrukturmaßnahmen, um die Flughäfen betriebsfähig zu halten. Allerdings wird ein erheblicher Teil der Betriebskosten durch Flughafengebühren und Einnahmen aus Dienstleistungen finanziert. Der Zustand deutscher Flughäfen wird zunehmend kritisch beurteilt, vor allem im Hinblick auf internationale Wettbewerbsfähigkeit und steigende Kosten. Die Standortkosten sind besonders hoch, da Abgaben wie die Luftverkehrsteuer und die Sicherheitsgebühren deutlich gestiegen sind. Als Folge reduzieren Billigfluggesellschaften ihre Flugverbindungen oder bevorzugen alternative Standorte, um Kosten zu sparen. Die Verpflichtung, nachhaltigeren und teureren Treibstoff zu nutzen, schwächt den Standort Deutschland im internationalen Vergleich zusätzlich. Diese Entwicklungen sorgen für eine vermehrte Abwanderung von Passagieren und Verbindungen über Hubs außerhalb Deutschlands, was langfristig auch die Konnektivität und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftverkehrsindustrie beeinträchtigen wird. Der Bund stellt jährlich Mittel in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro zur Verfügung, um deutsche Flughäfen finanziell zu unterstützen. Dabei geht es um Flughäfen wie Berlin-Brandenburg, Köln/ Bonn und München, die vom Bund auch gesellschaftsrechtlich mitgetragen werden.
- WASSERSTRASSEN in Deutschland sind ebenfalls in einem besorgniserregenden Zustand. Die Wasserstraßeninfrastruktur leidet zunehmend unter Alterung und begrenzten finanziellen Mitteln. Der jährliche Unterhalt und Ausbau der deutschen Wasserstraßen kostet den Bund etwa 1,7 bis 2 Milliarden Euro. Diese Kosten umfassen Instandhaltungsarbeiten, die Ertüchtigung von Schleusen und Kanälen sowie Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Ein bedeutender Teil entfällt auf große Flüsse wie den Rhein, die Donau und die Elbe, die für den Gütertransport essenziell sind. Zusätzlich zu den regulären Investitionen gibt es jährlich 50 Millionen Euro für das ökologische Programm „Blaues Band Deutschland“, das sich auf die Renaturierung und ökologischen Schutzmaßnahmen an Bundeswasserstraßen konzentriert, um diese nachhaltiger zu gestalten und die Widerstandsfähigkeit gegenüber klimatischen Veränderungen zu erhöhen. Der Bund hat im „Bundesverkehrswegeplan 2030“ daher verschiedene Projekte zur Verbesserung und Stärkung wichtiger Wasserstraßen vorgesehen. Zudem spielt die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) eine zentrale Rolle bei der Planung und Umsetzung dieser Maßnahmen.
- SEEHÄFEN gibt es inDeutschland 12 logistisch bedeutende, die als Hauptdrehkreuze für internationalen Warenverkehr gelten. Die größten Seehäfen sind Hamburg, Bremerhaven/ Bremen und Wilhelmshaven, die wichtig für den Containerumschlag und den Massenguttransport sind. Der Hamburger Hafen ist der größte Seehafen des Landes, gefolgt von Bremerhaven. Diese Häfen sind durch ihre Infrastrukturen an nationale und internationale Logistiknetzwerk angebunden und spielen eine Schlüsselrolle im Export und Import von Waren. Zusätzlich zu Seehäfen gibt es bedeutende BINNENHÄFEN wie Duisburg, der als größter Binnenhafen Europas gilt und eine wichtige Rolle in Verbindung von Wasserstraßen mit Bahn- und Straßentransporten übernimmt. Insgesamt ermöglichen diese Häfen Deutschland, eine zentrale Position im globalen Handelsnetzwerk zu halten. Der Zustand der deutschen Häfen gilt noch als wettbewerbsfähig, jedoch stehen die Häfen vor erheblichen Herausforderungen, die durch die Nationale Hafenstrategie adressiert werden sollen. Die Häfen sind als logistische Knotenpunkte und zentrale Export- und Importdrehkreuze für die deutsche Wirtschaft von hoher Bedeutung, weshalb ihre Modernisierung und Anpassung an aktuelle Anforderungen wie Klimaneutralität und Digitalisierung zentral sind. Allerdings werden hohe Investitionen benötigt, um die Wettbewerbsfähigkeit der See- und Binnenhäfen gegenüber internationalen Konkurrenzhäfen wie Rotterdam und Antwerpen zu sichern. Die Nationale Hafenstrategie von 2024 umfasst rund 140 Maßnahmen, die eine bessere digitale Infrastruktur und klimafreundliche Ausrichtung fördern. Der geschätzte jährliche Finanzierungsbedarf liegt weit über den bisherigen Fördermitteln, besonders angesichts der Rolle der Häfen in der Energiewende, etwa beim Ausbau der Offshore-Windenergie und für die LNG-Importkapazitäten. Der Bund investiert jährlich rund 500 Millionen Euro in die Infrastruktur von See- und Binnenhäfen, insbesondere für Ausbau und Erhaltung der Zufahrten und Fahrrinnen, wie die Anpassungen der Elbe und Weser sowie Projekte am Nord-Ostsee-Kanal. Die Bundesländer investieren insgesamt etwa 400 Millionen Euro jährlich in ihre See- und Binnenhäfen. Mit 38 Millionen Euro beteiligt sich der Bund zusätzlich an direkten Subventionen für die Hafeninfrastruktur.
- IT-INFRASTRUKTUR ist in der heutigen digitalen Welt von zentraler Bedeutung. Deutschland hat in den letzten Jahren Fortschritte beim Ausbau der digitalen Infrastruktur gemacht, jedoch hinkt es im internationalen Vergleich hinterher. Laut einer Studie der OECD liegt Deutschland im internationalen Vergleich der Breitbandverfügbarkeit im unteren Mittelfeld. Der aktuelle Stand (2024) zeigt, dass rund 32 Prozent der Haushalte über Glasfaseranschlüsse (FTTB/H) verfügen. Die Bundesregierung plant, bis 2025 mindestens die Hälfte aller Haushalte mit Glasfaser zu versorgen und bis 2030 eine nahezu flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Die jährlichen Investitionen in digitale Infrastruktur belaufen sich auf 10 bis 12 Milliarden Euro für die Legislaturperiode der Bundesregierung, die bis 2025 reicht. Dieser Betrag umfasst die Förderung des Ausbaus von Gigabit-Netzen und digitalen Infrastrukturprojekten. Die Deutsche Telekom, der größte Telekommunikationsanbieter in Deutschland, investiert jährlich etwa 4 Milliarden Euro in den Ausbau ihres Glasfasernetzes, um die digitale Infrastruktur zu verbessern und die Breitbandverfügbarkeit zu erhöhen. Diese Investitionen sind notwendig, um den steigenden Anforderungen an Datenübertragungsgeschwindigkeiten und -kapazitäten gerecht zu werden, die durch die fortschreitende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft entstehen.
Fazit
Wettbewerbsfähig werden wir erst durch ein zuverlässiges Zusammenspiel aller Segmente. Die jährlichen Investitionen in die gesamte deutsche Infrastruktur im Sektor Mobility betragen bereits heute bei zig Milliarden Euro. Deutschland müsste über die nächsten Jahre zusätzlich investieren, um den bestehenden Investitionsstau von schätzungsweise dem 10-Fachen der zuvor skizzierten jährlichen Bedarfe schrittweise aufzulösen. Dabei sind die Investitionen in die Infrastruktur unserer Energieversorgung, die wir zumindest gedanklich komplett umstrukturiert haben, noch nicht mit eingerechnet. Wir werden also noch für sehr lange Zeit mit einem Mix aus älterer und erneuerter Infrastruktur leben müssen.
Der Schlüssel wird in einer integrierten Instandhaltungs- und Investitionsstrategie liegen. Parallel zur Erneuerung müssen wir bestehende Infrastruktur prädiktiv instandhalten und sicherheitstechnisch wo möglich und sinnvoll digital überwachen. Doch Obacht, nicht nach dem Motto „viel hilft viel“. Außerdem müssen wir stets die Dauerhaltbarkeit von Komponenten und Feldelementen realistisch einschätzen. In den meisten Fällen ist heute schon sicher, dass wir die Lebensdauern der Vorgängergenerationen der Infrastrukturbestandteile nicht einfach übertragen können. Je smarter, desto kürzer wird ihre Nutzungsphase sein. Grundsätzlich ist heute vieles möglich, die Augen dürfen wir nicht verschließen. Weitere 10 Jahre wird sich der „5 vor 12“ Status nicht halten lassen. Und ohne funktionierende Infrastruktur sollten wir schon mal über Plan B für unser Land nachdenken.
Es ist machbar, wenn wir integriert planen und konzertiert vorgehen. Wir freuen uns auf die Herausforderung.
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Ansprechpartnerin

Dr. Nina Ruppert
Senior Consultant, PR-Managerin